Persönliches und Bemerkungen zu den Arbeiten
Burkhard Serong (Holzschnitt, Graphik, Plastik)
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Lesungen ENNormal - Texte Töne Bilder (Burkhard Serong, Günther Wiesemann, Ulrich Straeter) KuNo - Kunstgruppe NORD, Essen:
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Einzelausstellungen (Gruppenausstellungen), Auswahl
1991 1997 |
2000 2002 2003 2004 2005 2006 2006/2007 - Berufskolleg für Technik und Information (BTI) Neuss |
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Zu den Arbeiten
... Abdrücke, Spurensuche, Urzeichen - all das bewegt den Künstler, wenn er seine Sandbilder gestaltet. Für diese Bilder verwendet er ausschließlich unterschiedliche natürliche Sande, die er meist in seiner Wahlheimat, der Provence, vorfindet. Hier wird Serong zum "Jäger und Sammler", er sucht das fertige Naturprodukt, sammelt und verarbeitet es, die Sande werden für ihn zum Ausdrucksträger seiner Erinnerungen.
In seinen Werken komponiert er die Sande jedoch nicht wahllos, sondern er fertigt auf der Leinwand oder auf dem (zumeist geschöpften) Papier Vorzeichnungen an. Diese Vorzeichnungen bleiben an einigen Stellen sichtbar, gehören schließlich mit zum fertigen Bild.
Der Künstler klebt den Sand so auf, dass es scheint, als male er mit ihm. Je nach Stärke des Auftrags schabt und ritzt er kräftige Spuren in das Material und setzt somit neue Zeichen, neue Nuancen ins Bildgeschehen. Das vorgefundene Material bildet sozusagen die Grundlage, der Eingriff in das aufgetragene Material kennzeichnet die Handschrift des Künstlers. Gerade hier bietet sich der Begriff "Handschrift" besonders gut an, denn dieses Ritzen und Einschneiden, die dabei frei werdenden Bewegungsabläufe, bezeichnen eine Schrift, so dass an dieser Stelle wieder der Zusammenhang von Schrift und "Malerei" hergestellt ist.
Serong bringt diese zeitliche Dimension mit dem Sand ins Bild. Sand ist ein Zeichen von Bewegung, von Erosion, von Spuren, die in der Natur entstehen und wieder verschwinden. Durch das Fixieren des Sandes hält Serong seine Spuren jedoch fest. Auch verarbeitet er weiteres vorgefundenes Material in seinen Werken:
Kleine Steine oder Glas-Splitter integriert er ebenso, wie er Blattgold einsetzt und mit dem einen Material vielleicht Verwundbarkeit, mit dem anderen Sakrales zum Ausdruck bringt.
... Serongs Einsatz von Blattgold in einem Bild "Dreiheit" (1997) vermittelt Leichtigkeit, Schwerelosigkeit, ja sogar Auflösung, die Gold-Fläche wird durchbrochen, wird dennoch durch den begrenzenden, losen, aus Sand gestalteten Rahmen zusammengehalten.
Der Sand als "schützende Hülle" (siehe Picasso), um das feine Material Gold zu umschließen? Mit Spuren, Lebensspuren, setzt sich der Künstler auch in seinen Holzschnitten auseinander.
Sicherlich von HAP Grieshaber beeinflusst, der in seinen Werken die Einheit von Wort und Bild gesucht hat, und gerade dahingehend richtungsweisend für die Nachkriegsmoderne war, sucht Serong Verbindungen zwischen Wort und Bild.
Im Zusammenhang mit Gedichten, die oft die Natur zum Inhalt haben, die sich mit den Merkmalen der Jahreszeiten beschäftigen, in denen die Natur als Spiegel der menschlichen Empfindungen, wie Liebe und Trauer, aufgefasst wird, stellt er Berührungspunkte zwischen Wort und Bild her. "Wegmarken" nennt er z.B. eine Arbeit aus dem Jahre 1990.
Hier, wie in den meisten anderen Titeln auch, kennzeichnet das Wort "Wegmarken" bereits den Inhalt der Lyrik und der Holzschnitte. Es sind unterschiedliche Wege durch Raum und Zeit, und es sind festgesetzte Marken, Punkte und Wendepunkte, festgehaltene Erinnerungen und Lebensspuren.
Die Verarbeitung kalligrafischer Elemente ist im Werk Burkhard Serongs nicht zu übersehen. Oft entstehen aus der "Ecriture automatique" kleine Figuren, Zeichen, Elemente, die an Höhlenmalerei erinnern. Und vielleicht liegen hier die Wurzeln seiner Vorliebe für das Zusammenspiel von Wort und Bild: In der Urschrift, die aus Bildern bestand, in der "Bild-Sprache", die auf der Bild-Ebene gedeutet werden musste, um sie schließlich als Sprache zu verstehen.
Dr. Annette Lobbenmeier, Bochum
Zur Eröffnung der Ausstellung in Duisburg
Burkhard Serong ist hier der vielseitigste KuNo-Künstler. Bildhauer, Kinetiker, Maler, Grafiker, Collageur, Schrift-Ästhet, Sandspurensucher, Installateur oder Holzschneider – der Essener, der in der südfranzösischen Provence sich jährlich eine Auszeit vom Ruhrgebiet nimmt und dort sich in die Natur integriert, springt quer durch die Techniken und hat auch keine Probleme mit einem Stilpluralismus. Es komme bei ihm auf die Stimmung, auf die Emotion, auf die Botschaft oder auf die Kommunikation an. Für die jeweilige „Handschrift“ sorgt der Ausgangspunkt. 12 vom Wind bewegte Apostel draußen vor dem ThyssenKrupp-Zentrum – biblische Wächter? Oder afrikanische Botschafter aus einem ursprünglichen Kral? Oder einfach Figuren, die sich dem eigenen Dialog stellen. Wichtig erscheinen mir, abgesehen von der von mathematisch gekürzten oder verlängerten Fäden getragenen „Auslotung“ einer Punktlandung oder einer Pas-de-deux-Hommage an die große Choreographin Pina Bausch, 21 kleine, gereihte Zeichnungen: eine ganze Wand als Mosaikstudien mit schwebender Kontur oder fest installiertem Fokus, mit Härte und Sanftheit, mit Verdichtung oder Entflechtung, mit Formenarsenal und offener Assoziation über ein Gefühl oder eine Erfahrung – im Beuysschen Sinne wählt Serong in dieser Blätter-Kombination Szenen vom Leben oder aber auch schlichte Mitteilungen von Menschen. Ein mehrteiliges Suchbild über das, was einen Künstler an- oder aufregt, was ihn fesselt und zumindest für eine Weile beschäftigt. Er lehrt uns dabei das Sehen. Das Unaufgeregte wird zum Einstiegskanon in einen Motivmarathon. Begriffe wie Leben, Tod, Traum, Spur, Seele, Suche machen in anderen Arbeiten deutlich: Serong geht über das Eingängige und Einsichtige hinaus. Er bewegt sich mit Geste, Zeichen, Material, Sprache, Farbe und Form in einem originären Kosmos, das er jedes Mal neu für sich – und uns – schafft.
Jörg Loskill, Gelsenkirchen